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1.2LiteraturundWissenschaftimZeitraum1815-1848
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klassischenRhetoriknochimmerintaktwarundseineFormulierungsregelnweiterhin
normbildendfürliterarischenAusdruckwaren.54
Dieseu.a.vonFriedrichSengleundGerdUeding55vertreteneAnsichtmagauf
Anhiebbefremdlicherscheinen,widersprichtsiedochderbekanntenThesevonder
AblösungderimSinnederbürgerlichenIdeologiealsVerstellung,Affektationund
HeucheleigeächtetenRegelrhetorikzugunstenderGenie-Ästhetik.Tatsächlichbüsst
die(u.a.vonKarlPhilippMoritzundImmanuelKantangegriffene)Rhetorikinden
letztenJahrzehntendes18.unddenerstenJahrzehntendes19.Jh.sihreStellungalseine
derLeitwissenschaftenein,wassichz.B.anderverringertenAnzahlderLehrstühle
fürRhetorikeindrucksvollverfolgenlässt.Bildungs-undinstitutionengeschichtliche
Untersuchungenzeigenjedoch,dassindenerstenJahrzehntendes19.Jh.s(d.h.in
HeinesSchul-undStudienzeit)voneinemsignifikantenSchwundrhetorischerLehrin-
halteindeutschenschulischenundakademischenCurriculakeineRedeseinkann.
Dienach1810einsetzendenSchulreformenließendenRhetorikunterrichtunberührt.
AndendeutschenGymnasien,diemaßgeblicheTrägerderklassischenBildungblieben,
wurdeindenFächernLateinundGriechischeinumfangreicherKanonvonMuster-
textenvermittelt.EinevonpraktischenSchreib-undRedeübungenbegleiteteumfang-
reicheLektüreantikerundneuzeitlicherBeispieltexte,dieeinegenaueKenntnisder
antikenMythologieundderBibelerforderte,bildeteweiterhineinenwichtigenBe-
standteilderakademischenAusbildung.RhetorischeLehrinhaltelebtenandenUniversi-
tätenz.T.auchinnerhalbandererFächerweiter.DieTatsache,dassLehrstühlefür
RhetorikinOrdinariatefürnationalsprachlichePhilologien(besondersGermanistik),
fürÄsthetikoderfüralteSprachenumgewandeltwurden,tatdenhohenStandards
öffentlicherRedekeinenAbbruch.KeinerderAutoren,dieihreSchul-bzw.Universitäts-
bildunginden1820erJahrenabsolvieren,„machtsichvonderRhetoriklos.Kellers
undFontanesUngezwungenheiterreichtkeiner“56,schreibtFriedrichSengle.ImSchaffen
einesAutorswieHeine,demeineintensiverhetorischeSchulungnichtnurimRahmen
derSchulausbildung,sonderndarüberhinauswährendseinesJurastudiumszuteilge-
wordenwar,kommtderKenntnisderrhetorischenFormulierungsregelnunddesFundus
dergriechischenundrömischenMythologieundderBibeleineganzbesondereBedeu-
tungzu.
DieLektüredereinschlägigenForschungsarbeitenberechtigtzudemSchluss,dass
im„ästhetischenProduktionsfeld“derRestaurationszeitderBildungsbegriffweitge-
hendmitdenhiergenanntenKenntnissengleichgesetztwird.57Deswegenscheintes
legitim,letzteremitPierreBourdieuals„kulturellesKapital“desdamaligenSchrift-
54
Vgl.Marie-LuiseLinn:StudienzurdeutschenRhetorikundStilistikim19.Jahrhundert.
Marburg:Elwert,1963,13.
55
Vgl.GerdUeding:ModerneRhetorik.VonderAufklärungbiszurGegenwart,München:
C.H.Beck,2000,77.Sengle:Biedermeierzeit,Bd.1,430.
56
Sengle:Biedermeierzeit,Bd.1,433.
57
Vgl.Ueding:ModerneRhetorik,58.IneinemUrteilüberdieBedeutungderRhetorikin
DeutschlanddererstenHälftedes19.Jahrhunderts,nenntsieSengle„einDeutschfürGebil-
dete“.Vgl.Sengle:Biedermeierzeit,Bd.1,453.