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ThomasFechner-Smarsly
DieseAußerungstammtvonAugustStrindbergundisteinemInterviewentnommen,das
derschwedischeSchriftstellersichselbstgab.Erfingiertees,umseinen1886erschiene-
nen,autobiografischenRomanDerSohnderMagd(Tjänstekvinnansson)zubefördern.
NichtvonungefährspieltedieVorstellungvom”KampfderGehirne”inStrindbergs
DenkenundWerkjenerJahreeineerheblicheRolle.SuggestionundHypnose,jajegli-
chepsychologischeBeeinflussungdesGegenübersbeschäftigtendenDramatiker,aber
auchdieintensiveSelbstbeobachtung,etwaineinemTextmitdemTitel”Sensations
détraquées”.StrindbergsSinneseindrückewarendabeiallesanderealszerstreutoder
verwirrt;ihmgingesdarum,nochdieallerkleinstenundallerfeinstenRegungenmög-
lichstunmittelbarundungefiltertzuregistrieren.EinStreitpunktheutigerHirnforschung
bestehtinderFragenachderBerücksichtigungbzw.demStatussolcherindividueller
WahrnehmungenundErfahrungen,inderWissenschaftQualiagenannt.KannderStrom
derErinnerungen,ausgelöstdurchdenGeschmackeinerineineTasseTeegetauchteMa-
deleine,fürdasWissenüberdasmenschlicheBewusstseinirgendeinenNährwerthaben?
HartgesotteneNaturalistenverneinendies.
AndererseitskorrespondiertenStrindbergs,Gedankenexperimente,seinerzeitdurch-
ausmitwissenschaftlicherPraxis,etwadenReiz-Reaktions-Experimenten,diederphy-
siologischausgerichteteWilhelmWundtimerstenpsychologischenLaboratoriumin
LeipzigdurchführteoderauchdenfreilichganzandersgelagertenIntrospektionender
(eherphilosophischorientierten)WürzburgerSchule.(SiehehierzuZiche1999:82–98.)
AuchhiergingesumeinzentralesProblembeiderErforschungdesBewusstseins:wel-
chenAnspruchkönnenintrospektivgewonneneAussagenerheben?WelchenErkennt-
nisgewinngibtesimÜbergangvonsubjektivgewonnenenEindrückenzuobjektiven
Tatsachen,jagibtesüberhaupteineBrückezwischenbeiden?
WundtsexperimentellePsychologiestütztesichwesentlichaufApparaturenausPhy-
siologieundPhysik.AuchheutebegegnetunserneuteinesolcheApparate-Gläubigkeit,
undseiesindenbuntenBildern,dieunsdurchMaschinenmitKürzelnwiePET(für
Positronen-Emissions-Tomographie)oderfMRT(funktionelleMagnet-Resonanz-To-
mographie)AufschlussüberunsereHirnaktivitätgeben.DerWissenschaftsforscherMi-
chaelHagnerwarntbereitsvorallzueuphorischenErwartungenaneineCyber-Phreno-
logie,derenFaszinationinkeinemVerhältnisstehezudenErkenntnissen,diesichdaraus
tatsächlichableitenließen.UndauchdieReaktions-ExperimenteBenjaminLibets,die
zuerheblichenDiskussionenumdieExistenzeinesFreienWillensführten,basierenauf
denMessungenvonApparaturen,vorderenVerallgemeinerungderUrheberderExperi-
mentegewarnthat.(SieheLibet2005.)
WiezuStrindbergsZeitendienochneue,unterdessenlängsthistorischgeworde-
neWissenschaftderPsychologiesichbeiAutorengroßerBeliebtheiterfreute,solässt
sichgegenwärtigauchinderLiteratureinAnstiegdesInteressesvonSchriftstellernan
derHirnforschungbuchstäblichablesen.Sostelleneinigehöchsterfolgreicheenglisch-
sprachigeRomanederletztenJahre(vonAutorenwieJonathanFranzen,IanMcEwan,
RichardPowersu.a.)ProtagonistenmitneurologischenErkrankungeninsZentrum:sie
reichenvongeläufigenBefundenwieAlzheimerundKorsakovbiszuseltenenSyn-
dromennamensCapgrasoderChorea-Huntington.DamitstelltsichauchdieFrage,ob
neurologischePhänomenejeneRolleübernehmen,dieeinstHysterie,Neurasthenieund
NeurosefürdieerzählendeLiteraturdervorletztenJahrhundertwendeinnehatte.